Kooperationsvertrag: Umwelt, Klima und Mobilität

Klima

Die sozial gerechte Bewältigung der Klimakrise ist die Kernaufgabe unserer Politik und unseres Handelns.

Wir wollen die städtischen Möglichkeiten nutzen, um Kiel bis 2035 klimaneutral zu entwickeln. Dafür gilt es, die Umsetzung von Maßnahmen des „Masterplan 100% Klimaschutz” fortzusetzen. Wir werden die Verwaltung zu Beginn der Wahlperiode beauftragen, auf Basis des Positionspapiers “Kiel klimaneutral 2035?!” einen Fahrplan zu entwickeln, welche Maßnahmen wann und wie getroffen werden müssen, um dieses Ziel zu erreichen.

Klimaschutz verstehen wir als Querschnittsthema und denken es in allen Bereichen der Verwaltung mit. Damit jede*r Mitarbeiter*in in die Lage versetzt wird, dieser Verantwortung gerecht zu werden, werden wir Fortbildungen auf den Weg bringen und Mitarbeiter*innen fachlich auf die Herausforderungen des Klimaschutzes in ihren jeweiligen Fachbereichen vorbereiten.

Wir prüfen alle städtischen Maßnahmen darauf, ob sie mit den formulierten Klimazielen der
Stadt im Einklang stehen und werden nach Anpassungen suchen, wenn sie diese Ziele nicht
erfüllen. Wir forcieren diesbezüglich die konsequente Umsetzung der bestehenden Ratsbeschlüsse.

Wir werden das Klimaanpassungskonzept fortschreiben und um konkrete Maßnahmen ergänzen. Dazu gehört auch die Implementierung eines digitalen Zwillings der Stadt Kiel in Anlehnung an das Göteborg Smart City Konzept, das auf die Auswirkungen von (Extrem-)Wetterereignissen ausgeweitet wird. Die Maßnahmen des Klimaanpassungskonzeptes werden noch in dieser Wahlperiode auf den Weg gebracht und mit einer breiten Öffentlichkeitskampagne begleitet.

Zu dem zu erstellenden Hitzeaktionsplan (s. Kapitel “Anpassung an die Folgen des Klimawandels) gehört eine interaktive Karte der kühlen Orte und Trinkwasserspender in der ganzen Stadt.

Auch in Kiel wird der Fachkräftemangel zum Nadelöhr der Energie- und Wärmewende. Wir wollen mit den relevanten Akteur*innen aus Handwerk und der Kieler Energiebranche die Möglichkeiten der gemeinsamen Fachkräftegewinnung ausschöpfen und werden hierfür den Austausch suchen (s. Masterplan Handwerk im Kapitel Wirtschaft).

Energie

Wir unterstützen unsere Bevölkerung bei der Umsetzung der Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), indem wir in möglichst vielen Stadtteilen Fernwärme anbieten. Die bis Ende 2024 zu erstellende kommunale Wärme- und Kälteplanung (KWP) ist auf das Ziel der Klimaneutralität 2035 auszurichten. Sie muss überall dort Wärmenetze vorsehen, wo ihr Betrieb wirtschaftlich zumutbar und ökologisch sinnvoll ist. Wo eine Ausweitung des bestehenden Fernwärmenetzes der Stadtwerke nicht in Frage kommt, müssen Quartiersnetze und Inselnetze geprüft werden. Dies kann im Zuge von energetischen Quartierskonzepten erfolgen, die bis zum Ende der Wahlperiode für alle Quartiere zumindest begonnen werden. Sollte es für die Realisierung von im Quartier gewünschten Wärmenetzen, die allen Bürger*innen eine GEG-konforme Alternative anbieten, erforderlich sein, soll die Stadt für die betroffenen Quartiere ein Anschluss- und Benutzungsgebot erlassen.

Die Stadtwerke sehen wir als zentralen kommunalen Akteur der Energiewende. Dazu gehören unter anderem die Bereitstellung von Wärme auf Basis regenerativer Energieträger (einschließlich dezentraler Netze), Angebote zur dezentralen Stromversorgung (Mieterstrommodelle, Bürger*innenkraftwerke u.ä.), Beratungsangebote zur Energieeinsparung sowie zur Nutzung erneuerbarer Energieträger und Beteiligung an Windparks auf stadtnahen Windvorranggebieten.

Aktivitäten der Stadtwerke müssen wirtschaftlich tragfähig sein. Die Funktion der Stadtwerke
für die Daseinsvorsorge ist mit der Ausschüttung von Renditen für andere kommunale Aufgaben der Daseinsvorsorge abzuwägen. Um die Rolle der Stadt zu stärken, werden die städtischen Mandate im Aufsichtsrat wieder vollständig durch die Stadt übernommen. Drei dieser Plätze werden von den drei stärksten Fraktionen besetzt, ein Platz von der Verwaltung. Wir streben eine Anteilsmehrheit der Stadt bei den Stadtwerken an. Dazu wird die Stadt spätestens 2024 Verhandlungen mit dem Miteigentümer beginnen.

In Quartieren, in denen die Stadtwerke keine entsprechenden Angebote machen, wird die Stadt Bürger*innen-Energiegenossenschaften bei Organisation und Aufbau unterstützen. Andernfalls prüfen wir die Beteiligung an privatrechtlichen Gesellschaften insbesondere zum Aufbau dezentraler Wärmenetze.

Wir unterstützen die von den Stadtwerken geplante Umstellung der bestehenden Kieler
Fernwärmeversorgung auf regenerative Energieträger und streben die vollständige Umsetzung bis 2035 an. Um die Treibhausgas-Emissionen des Gasmotorenkraftwerkes zu minimieren, soll bei Bedarf der Betriebsmodus optimiert werden. Die Ergebnisse sind zu veröffentlichen.
Wir werden den städtischen Strombezug vollständig auf Ökostrom umstellen, bei dem Strombezug und Herkunftsnachweis gekoppelt sind („echter Ökostrom“).

Wir unterstützen und fördern den Ausbau von regenerativen Energien auf dem Gelände des
Klärwerks Bülk zur Gewinnung der nötigen Prozessenergien und prüfen den Ausbau des Klärwerkes um eine 4. Stufe. Die Nutzung von grünem Wasserstoff in der KielRegion wird von uns begrüßt. Die Förderung und der Ausbau notwendiger Strukturen und die Vernetzung von Akteur*innen werden unterstützt.

Umwelt

Natur und Umwelt sind Grundlage für unser aller Leben. Eine funktionierende Natur und Umwelt sind auch eine unabdingbare Voraussetzung für ein lebenswertes Leben aller Kieler*innen im urbanen Umfeld. Die Kooperation bekennt sich daher zum Schutz und zur Förderung der Kieler Natur und Umwelt, denn nur durch einen nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen können wir dauerhaft in unserer Stadt zusammen mit Flora und Fauna leben.

Im ganzen Stadtgebiet sollen Grünflächen und Naturräume geschützt und ausgebaut werden. Dazu werden wir Flächen für Kleingärten erhalten und verfügbare öffentliche Grünflächen in den Grüngürtel integrieren, um so auch bestehende Lücken zu schließen. Wir werden das Konzept Stadtgrün umsetzen und fortschreiben. Die Möglichkeit einer Überführung der Wald- und Grünflächen sowie Kleingärten in eine eigenständige Gesellschaft zum dauerhaften Schutz der Flächen werden wir prüfen.

Kleingärten sind ein äußerst wertvoller Bestandteil der städtischen Nutzungsvielfalt, leisten
einen Beitrag zu einem besseren Stadtklima und bieten grüne Erholungsoasen. Sie sind Orte, an denen Menschen verschiedener Herkunft und Sozialisation Entspannung und Gemeinsamkeit finden. Wir wollen die Kleingärten erhalten und gemeinsam mit den Akteur*innen das Kleingartenwesen in Kiel weiterentwickeln.

Die Sammlungen mit dem Schadstoffmobil sollen künftig noch häufiger im Stadtgebiet durchgeführt werden.

Die Zahl der Schottergärten soll durch Aufklärung und wenn notwendig ordnungsrechtlich reduziert werden. Die beschlossenen Landschaftsschutzgebiete werden wir priorisiert ausweisen und dafür die benötigten Stellen und Mittel zur Verfügung stellen. Eine Beschleunigung des Verfahrens durch externe Vergaben lassen wir prüfen. Die Fläche Suchsdorf-West erkennen wir als schützenswerte naturnahe Fläche an.

Im Kieler Süden treiben wir die Aufwertung durch Wiedervernässung und Ausweisung als
Schutzgebiet der Flächen des Meimersdorfer Moores, des Meimersdorfer Bahnhofs, des Vieburger Gehölzes und der Moorkoppel als zusammenhängenden Naturraum voran. Die Betriebsfähigkeit des Rangierbahnhofs werden wir wahren.

Das Kieler Waldkonzept werden wir so ökologisch wie möglich gestalten. Wir wollen die ökologische Aufwertung des Waldes weiter voranbringen.

Wir werden in ganz Kiel mehr Bäume pflanzen. Wir wollen dafür sorgen, dass in allen Wohngebieten und, soweit möglich, in jeder Straße Bäume sind. Wenn Baumfällungen erforderlich sind und gleichwertige Ersatzpflanzungen nicht in der Nähe vorgenommen werden können, setzen wir uns dafür ein, dass möglichst im unmittelbaren Umfeld trotzdem Bäume neu gepflanzt oder kleine Grünflächen geschaffen werden. Vor dem Hintergrund, dass der Bau der Stadtbahn in einigen Straßen Baumfällungen notwendig machen wird, werden wir in den betroffenen Bereichen im Umfeld bereits frühzeitig neue Bäume pflanzen.

Die bestehenden Grünflächen sollen zum Schutz der Natur und zur Steigerung des Erholungswertes noch ökologischer gepflegt werden. Die Umstellung der Mahd und der Aufbau weiterer Blühwiesen wird zur Steigerung der Biodiversität weiter vorangetrieben. Wir wollen die städtische Nutzung von Laubbläsern überprüfen, um den Einsatz auf Kieler Stadtgebiet so weit wie möglich zu begrenzen.

Angebote der Umweltbildung wollen wir, ggf. auch finanziell, stärken. Speziell auf dem Ostufer und im Kieler Norden wollen wir ergänzende Angebote schaffen.

Durch die Förde ist Kiel unmittelbar mit der Ostsee verbunden. Sie bietet Erholungsorte, ist
Transportweg, sichert Arbeitsplätze in der Wissenschaft, im Tourismus, im Verkehr und in der Wirtschaft. Die Ostsee ist vor allem auch ein Reservoir für biologische Vielfalt und ein Ort, an dem sich die Auswirkungen der Klimakrise unmittelbar bemerkbar machen. Der Meeresschutz ist uns ein zentrales Anliegen. Dazu gehört auch die Ausweisung von Meeresschutzgebieten. Wegen der herausgehobenen Bedeutung des Meeresschutzes treiben wir die Planungen für ein Meeresvisualisierungszentrum voran und setzen dabei auf ein klimaneutrales und multifunktionales Konzept. Das TransMarTech bildet zusammen mit der Bildungs- und Vernetzungsplattform Ocean Summit das Rückgrat des Ansatzes, Kiel als Meeresschutzstadt zu entwickeln und alle Akteur*innen einzubinden (Geomar, Kiel Marine Science, Maritimes Cluster Norddeutschland etc.). Dies unterstützen wir weiterhin.

Wir werden die im Stadtgebiet liegenden Flachwasserzonen auf Vorkommen von Unterwasserpflanzen untersuchen, Schutzkonzepte entwickeln und diese nach Möglichkeit umsetzen.

Um den Eintrag von Mikroplastik und Schadstoffen in die Förde weitestmöglich zu verringern, wollen wir die Verwendung von umweltschädlichen Antifouling-Anstrichen für Boote in den kommunalen Häfen reduzieren.

Auch Haustiere, kulturfolgende Tiere und Wildtiere brauchen unseren Schutz. Wir werden deshalb das Programm zur Kastration und Kennzeichnung von Katzen fortführen. In Bereichen mit hohen Taubenpopulationen wollen wir weitere Taubenhäuser errichten. Wir suchen weiter nach tragfähigen Lösungen zur Verhinderung von Wildtierzirkussen auf Kieler Flächen.

Wir erarbeiten ein ökologisches Beleuchtungskonzept mit dem Ziel, die Lichtverschmutzung
deutlich zu reduzieren. Darin soll auch geprüft werden, inwiefern die ausgelaufene Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen durch kommunale Regelungen weitergeführt werden kann. Mit einer umfassenden Biodiversitätsstrategie werden wir alle Aspekte des Naturschutzes zusammenführen und dann gemeinsam konsequent umsetzen.

Wir wollen die Zero-Waste-Strategie konsequent vorantreiben und die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen. Auch die Kieler Woche und andere Großereignisse sollen dazu beitragen. Deshalb und zur Reduzierung der Belastung von Mensch und Umwelt führen wir die Umstellung auf kombinierte Feuerwerk- und Lichtdrohnenshows fort, die auch die weitere Reduzierung von Feuerwerk beinhaltet. Für Silvester prüfen wir außerdem ein entsprechendes Angebot und weitere ordnungsrechtliche Möglichkeiten, um privates Feuerwerk zu reduzieren.

Um die Vermüllung auf den Straßen zu reduzieren, prüfen wir, höhere Bußgelder für das unsachgemäße Entsorgen von Abfall in der Öffentlichkeit („littering“) durchzusetzen und verstärken die Kontrollen. Wir wollen die Mülleimer nach und nach durch verschließbare, möglichst großvolumige Behälter mit Ablage für Pfandgut ersetzen. Bevorzugt sollen die Kiellinie
und die Strände ausgestattet werden. Dazu brauchen wir mehr smarte Mülleimer, die melden, wenn sie geleert werden müssen. Wir möchten eine weitere, für alle leicht verständliche Kampagne zum richtigen Umgang mit Müll initiieren. Der richtige Umgang mit Müll ist auch das beste Mittel gegen Rattenplagen.

An Spielplätzen werden wir ein allgemeines Rauchverbot verhängen. Auch an Stränden wollen wir der Müllverschmutzung durch Zigaretten entgegenwirken. Im ersten Schritt schaffen wir Aufklärung, mehr Entsorgungsmöglichkeiten und eine Verteilung von mobilen Aschenbechern.

Wir wollen die Nutzung von Einweggrills eindämmen. Dazu werden wir Maßnahmen, wie z.B.
Verleihsysteme oder die Installation fester Grillplätze an Stränden oder Parks, prüfen. Maßnahmen aus der Stadtgesellschaft wie Verleihsysteme unterstützen wir.

Die unvermeidbaren und nicht recyclebaren Abfälle sollen auch weiterhin in der Kieler Müllverbrennung (MVK) thermisch verwertet werden. Dazu wollen wir die MVK weiter stärken
und das Projekt der Klärschlammverbrennung inklusive Phosphorrückgewinnung umsetzen.

In der EU ist es seit Januar 2023 verpflichtend, Mehrwegbehälter zur Mitnahme von Essen und Trinken anzubieten. Um die Umsetzung zu gewährleisten, werden wir Kontrollen der
Mehrwegangebotspflicht sicherstellen. Darüber hinaus werden wir die Einführung einer Verpackungssteuer für Einwegverpackungen prüfen. Dabei werden wir uns an dem Modell, das seit dem 1. Januar 2022 in Tübingen in Kraft ist, orientieren.

Wir unterstützen die Initiative der Bundesregierung, die Lebensmittelverschwendung stärker
zu begrenzen und erwarten eine entsprechende Änderung des Strafrechts, um das “Containern” zu erlauben. Wir werden zur Lebensmittelweitergabe an Tafeln aufrufen, Unternehmen zur Ermöglichung des Containerns (sobald dies rechtlich möglich ist) auffordern und die Nutzung der Services von Start-ups, deren Geschäftsmodell sich auf die Begrenzung von Lebensmittelverschwendung bezieht, und von entsprechenden Vereinen stärker unterstützen.

Mobilität

Unsere Kooperation möchte den in den letzten Jahren eingeschlagenen Weg der Mobilitätswende durch die Stärkung des Umweltverbundes (ÖPNV, Fahrrad und zu Fuß gehen) konsequent fortsetzen. Kern einer Mobilitätswende ist die Veränderung des Modal Split zugunsten des Umweltverbundes.

Für den ÖPNV streben wir eine Verdoppelung des Wegeanteils auf 20%, für den Radverkehr
einen Anteil von 35% an.

Mit dem Leitbild der 15-Minuten-Stadt, werden auch Verkehre reduziert, der Verkehrsfluss sowie die Verkehrssicherheit durch entlastete Straßen erhöht und der Druck auf knappen Parkraum vermindert. Zugleich werden durch sparsamen Verbrauch öffentlicher Flächen neue Räume und Plätze zum Verweilen, Flanieren oder Shopping entstehen. Die Stärkung des Umweltverbundes hilft allen Verkehrsteilnehmer*innen und wird die Attraktivität und Lebensqualität Kiels spürbar erhöhen.

Öffentlicher Verkehr und Schiene

Wir werden die Planungen für die Stadtbahn konsequent voranbringen, damit die erste Linie
möglichst 2033 in Betrieb geht. Wir wollen die städtebaulichen Potenziale der Stadtbahn nutzen, um den ÖPNV in Kiel auf eine neue Stufe zu bringen und möglichst vielen Menschen eine sehr gute Erreichbarkeit der Haltestellen zu ermöglichen. Wir nutzen diese Potenziale auch, um den öffentlichen Raum für Fuß- und Radverkehr attraktiver zu gestalten. Die Stadtbahn ist weiterhin für die Erweiterung in die Region zu planen und wir wollen die Kombination mit einem S-Bahn-Netz mit den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Plön sowie Neumünster voranbringen. Wir setzen für die Stadtbahn ein Baustellenmanagement ein, das eine optimale Bürger*inneninformation gewährleistet, dafür sorgt, dass Bauzeiten auf ein Minimum beschränkt werden und die Baustellen so stadtverträglich und bürger*innenfreundlich wie möglich eingerichtet werden. Finanzielle Entschädigungen für Umsatzrückgänge auf der Trasse werden geprüft.

Bis zur ersten Stadtbahnfahrt soll das Busangebot weiter ausgebaut werden, einschließlich
neuer Schnellbusverbindungen, Querverbindungen, besserer Bustaktungen und Ampelvorrangschaltungen. Das bestehende Busangebot soll durch stetige Modernisierung kund*innenfreundlicher werden und durchgängig barrierefrei sein. Der Kieler ÖPNV soll bis spätestens 2030 emissionsfrei sein.

Das Ziel, alle Haltestellen barrierefrei auszubauen, soll innerhalb dieser Wahlperiode erreicht
werden. Haltestellen müssen generell auch rauchfrei, wettergeschützt und mit ausreichend
Sitzplätzen ausgestattet sein. Wir wollen Angsträume auf dem Weg zu und an Haltestellen
beseitigen und „nora“, die offizielle Notruf-App der Bundesländer, bewerben.

Kiel ist Meeresstadt und damit auch Stadt des wassergebundenen öffentlichen Verkehrs. Wir
wollen die Verbindungen auf dem Wasser weiter stärken und insbesondere am Wochenende
noch weiter ausbauen. Wir werden uns auf Bundesebene weiter für eine deutliche Ausweitung der Fahrtzeiten der Kanalfähre und ein Nachfolgeschiff für die Adler I einsetzen, das deutlich mehr Passagiere und Fahrräder transportieren kann. Die Entwicklung autonomer Fähren fördern wir weiterhin. Den Umstieg auf Elektro- und Hybridfähren treiben wir voran und werden den Ausbau der Ladeinfrastruktur mit Bundesmitteln vorantreiben.

Mobilität sichert soziale Teilhabe. Die bundesweite Einführung des Deutschlandtickets ist ein
großer Schritt nach vorn, aber nimmt noch nicht alle mit. Auf Basis des Deutschlandtickets
wollen wir nach sozialen Kriterien zielgruppenspezifisch Ermäßigungen einführen: Unser Ziel
ist es, ein Sozialticket für Empfänger*innen von Bürgergeld, Grundsicherung und Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz einzuführen sowie das Schüler*innen-Ticket weiter zu vergünstigen, wenn das Land sich an der Finanzierung beteiligt oder eine rein kommunale
Finanzierbarkeit darstellbar ist. Zugleich werden wir uns auf Landesebene für einheitliche,
landesweite Ermäßigungen des Deutschlandtickets nach sozialen Kriterien einsetzen.

Wir wollen die Fahrradmitnahme im Kieler ÖPNV verbessern und wenn möglich kostenlos gestalten. Wir prüfen, welche Kosten entstehen, wenn der Bordzuschlag auf den Fähren entfallen würde.

Mit einem neuen Kombiticket wollen wir Anreize schaffen, mit dem ÖPNV statt mit dem Auto
zu Konzert-, Sport- oder Kulturveranstaltungen zu fahren. Wir wollen Neubürger*innen ein
kostenloses Monatsticket anbieten, damit sie den Kieler ÖPNV praktisch ausprobieren können.

Wir prüfen die Möglichkeiten einer Umlagefinanzierung des ÖPNV. Langfristig wollen wir den
ÖPNV günstig für alle Menschen anbieten können.

Wir wollen ein Programm auflegen, das den Verzicht auf das eigene Auto belohnt: Personen, die den Führerschein abgeben oder ihr Auto abmelden und sich verpflichten, innerhalb der nächsten drei Jahre kein neues Auto zuzulassen, erhalten dafür einen Mobilitätsgutschein, beispielsweise für Carsharing, Fahrräder oder E-Bikes oder den öffentlichen Verkehr. Auf das Pilotprojekt soll eine Evaluation folgen.

Für Pendler*innen aus dem Umland wollen wir den Umstieg auf den ÖPNV durch gut angebundene Park and Ride-Plätze (z.B. mit Schnellbuslinien, die auch geeignet gelegene Quartiere bedienen) sowie Mobilitätsstationen attraktiv machen. Wir werden Mechanismen entwickeln, durch die ein Umstieg auf den ÖPNV finanziell attraktiver wird als die Nutzung öffentlicher Parkflächen im Stadtgebiet. Wir werden uns verstärkt dafür einsetzen, dass das Land die Bahnverbindung Hein Schönberg im Halbstundentakt fahren lassen wird.

Wir wollen die Schwerlastverkehre bündeln und minimieren, vor allem durch die Verlagerung
auf die Schiene. Wir werden ein Güterverkehrskonzept erarbeiten und darin die Reaktivierung und den Ausbau von Bahntrassen unterstützen, beispielsweise in Wellsee, am Nordhafen, in Friedrichsort und am Ostuferhafen.

Fahrrad

Wir werden mehr Mittel für die Sanierung und Aufwertung von Radwegen bereitstellen und den Ausbau der Radwege konsequent fortführen mit dem Ziel, an allen Straßen ein sicheres Angebot für den Radverkehr zu schaffen. Das Veloroutennetz wird zentraler Bestandteil des Fahrradverkehrs. Die Ertüchtigung der Velorouten wollen wir insbesondere auf dem Ostufer voranbringen. Die Verbindung zwischen dem Ost- und Westufer werden wir weiter mit Priorität ausbauen. Wir werden prüfen, ob sich durch bauliche Änderungen oder andere neue Lösungen die Konflikte auf der Hörnbrücke entschärfen lassen. Wir wollen Velorouten, Fahrradstraßen und Radwege durch Markierung und Ausschilderung sichtbarer machen und Velorouten wo möglich eine Vorfahrtsberechtigung verschaffen. Bei der Sanierung und Neuanlage von Radwegen außerhalb von Grünanlagen wird die Asphaltierung zum Standard. Kopfsteinpflasterstraßen werden wir so sanieren, dass diese von den Radfahrenden angenommen werden.

Radwege und Fahrradstraßen werden in Zukunft so angelegt bzw. saniert, dass ausreichend Platz auch für das Überholen und Nebeneinanderfahren von Lastenrädern, Handbikes und Fahrradanhängern vorhanden ist. Schutzstreifen lehnen wir ab und wollen separate Radwege oder Radfahrstreifen. Neue Radwege und Radfahrstreifen sollen mindestens die Breite der aktualisierten Empfehlungen für Radverkehrsanlagen haben und möglichst als “Protected Bike Lane” angelegt werden. Auch die Empfehlungen der E Klima der FGSV2 sind zu beachten. Wir werden die Bundesförderung für Fahrradwege an Bundeswasserstraßen nutzen, um einen qualitativ hochwertigen Radweg am Nord-Ostsee-Kanal zu bauen. Radwege sollen an Einfahrten und Kreuzungen niveaugleich geführt werden.

Ampelschaltungen werden für Rad- und Fußverkehr optimiert und Bedarfsampeln, wo dies möglich und sinnvoll ist, abgeschafft. Unter anderem durch den Einsatz von Sensoren richten wir „Grüne Wellen” für den Radverkehr ein. Wir werden den Grünen Pfeil für den Radverkehr an allen Kreuzungen anbringen, wo dies möglich ist.

Wir werden mit den Ortsbeiräten Stellen identifizieren, an denen häufig auf der falschen Seite gefahren wird, und überprüfen, ob Zweirichtungsradwege eingerichtet werden können. Alternativ werden wir entsprechende Lösungen ausarbeiten, wie das Fahren auf der richtigen Seite attraktiver gemacht werden kann.

Wir wollen den Kfz-Durchgangsverkehr in Fahrradstraßen und -zonen weiter reduzieren und, wo vor Ort erwünscht, nur noch Anliegerverkehr zulassen.

Wir schaffen mehr Abstellmöglichkeiten für Lastenräder, indem wir hochwertige, wettergeschützte Abstellanlagen im öffentlichen Raum installieren, die Stellplatzsatzung überarbeiten und Lastenräder beim Bau aller neuen Fahrradbügel mitdenken.

Wir sichern die Finanzierung der SprottenFlotte unter dem Dach der KielRegion über das
Jahr 2023 hinaus und bauen die Stationen in allen Quartieren, insbesondere am Ostufer, an
Badeorten und in Randbereichen aus. Die kostenfreien ersten 30 Minuten der SprottenFlotte
wollen wir erhalten.

Wir wollen Mittel für den Ausbau von Fahrradselbsthilfewerkstätten bereitstellen.

Kiels Logistik soll zum Vorbild klimafreundlicher Städte werden. Als Fahrradstadt werden wir
ein Konzept für Fahrradlogistik und Mikrohubs entwickeln, die sich insbesondere an autoarme Viertel richten. Perspektivisch soll es ausschließlich emissionsfreien Lieferverkehr geben.
Dafür richten wir in der ersten Stufe in Abstimmung mit den Einzelhändlern und Gewerbetreibenden Nullemissionszonen in der Innenstadt für den Lieferverkehr ein.

Wir möchten, dass im städtischen Fuhrpark zunehmend auch Dienst(lasten)räder eingesetzt werden und die Stadt als fahrradfreundliche Arbeitgeberin zertifiziert wird.

Zu Fuß unterwegs

Wir wollen die Verkehrssicherheit erhöhen, damit sich gerade Kinder und mobilitätseingeschränkte Menschen jederzeit sicher und selbstständig durch die Stadt bewegen können.

An Ampelkreuzungen wollen wir vermehrt akustische Signalgeber installieren. Unter Einbeziehung der Ortsbeiräte wollen wir prüfen, ob Ampeln vermehrt auch am Wochenende und nachts eingeschaltet bleiben können.

Wir werden weiterhin die Kreuzungen und Querungen barrierefrei umbauen, insbesondere durch Absenkungen der Bordsteine und die parallele Einrichtung von taktilen Leitsystemen sowie Teilaufpflasterungen. Durch bauliche Maßnahmen wie z.B. Frankfurter Hüte, Fahrradbügel oder Poller wollen wir illegales Parken an Kreuzungen und auf Gehwegen verhindern.

Bei größeren Maßnahmen werden der zuständige Ortsbeirat und die Anlieger*innen beteiligt.
Wir werden vermehrt Bänke aufstellen und andere Sitzgelegenheiten einrichten und Spielzonen schaffen.

An Haltestellen und anderen Orten werden Umgebungspläne ausgehängt, die innerhalb eines bestimmten Radius zeigen, wie viele Gehminuten bestimmte Ziele entfernt sind.

Insbesondere das regelwidrige Parken auf Gehwegen wollen wir im Rahmen des beschlossenen “Mobilitätskonzept | ruhender Verkehr 2035” und in enger Abstimmung mit Ortsbeiräten und Anlieger*innen eindämmen. Vorrang haben dabei die Schulwege und die Wege zu Kitas, Pflegeheimen, Krankenhäuser und ähnliche sensible Einrichtungen.

Unser Ziel ist, dass es gerade am Stadtrand mehr feste Abstellstationen für E-Scooter gibt und diese nicht störend abgestellt werden. Wir werden hierzu mit Betreiber*innen kooperieren und bei Bedarf Regelungen erlassen.

Wir wollen, dass die Straßenverkehrsbehörde ihre Handlungsspielräume, auch in Form von
Verkehrsversuchen, zum Schutz von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen nutzt und vermehrt präventiv tätig wird. Wir werden die Arbeitsgrundlage der Unfallkommission der „Vision Zero“
anpassen und die Besetzung der Unfallkommission für Verbände und andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen öffnen.

Auto

Verkehrssicherheit hat für uns Vorrang vor Geschwindigkeit. Wir sehen in der Ausweitung von Tempo 30 in der Stadt eine wichtige Maßnahme zur Erreichung der Vision Zero und zur
Verbesserung der Lebensqualität durch Reduzierung von Lärm und anderen Emissionen. Auf wichtigen vierspurigen Straßen und ggf. auch bei weiteren innerörtlichen Verkehrsachsen kann in der Regel Tempo 50 beibehalten werden.

Ein Carsharing-Auto ersetzt rund zehn private Autos. Die Verwaltung wird noch im Jahr 2023
beauftragt zu prüfen, wie die schnelle und erhebliche Ausweitung des Carsharing-Angebots, gerade in den Randgebieten, gefördert werden kann. Dabei ist der Vorrang der Förderung der Verkehrsträger des Umweltverbundes (Fuß, Rad, ÖPNV) zu beachten.

Einer autofreien Kiellinie stehen wir grundsätzlich offen gegenüber. Wir warten die detaillierten Entwürfe aus dem Planungsverfahren ab und werden soziale und ökologische Kriterien
für die Bewertung der Entwürfe für eine Entscheidungsfindung erarbeiten.

Wir positionieren uns gegen den Bau der Südspange und des Ostring II. Die B404 wollen wir als vierspurige Bundesstraße auf Kieler Stadtgebiet ausbauen.

Die Anbindung des Kieler Südens darf nicht nur aus Sicht des Kfz-Verkehrs gesehen werden. Darum werden wir uns dafür stark machen, dass der Kieler Süden an die Stadtbahn angeschlossen wird und einen S-Bahn-Bahnhof in Neumeimersdorf bekommt. Bis zur Anbindung durch Stadtbahn und S-Bahn sollen verstärkt Schnellbuslinien eingesetzt und eine Premiumradroute in den Kieler Süden geführt werden.

Wir wollen, dass die Menschen auf dem Kieler Ostufer, insbesondere am Ostring, von Lärm und Abgasen schnell entlastet werden. Darum haben wir in den letzten Monaten und Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Verkehrswende voranzutreiben. Das Verkehrsgutachten der KielRegion wird zusätzliche Maßnahmen vorschlagen, die wir aufgreifen werden.

Die Kooperation wird sich für ein digitales Verkehrsleitsystem zur Verkehrssteuerung auf allen Hauptverkehrsachsen einsetzen, prioritär auf dem Ostufer. Das Baustellenmanagement und die Kommunikation vor und während der Bauphasen sollen weiter optimiert werden. Wir wollen bei der Umgestaltung von Kreuzungen vermehrt Kreisverkehre oder geschützte Kreuzungen bauen, auch auf kleinen Kreuzungen.

Städtische Flächen sind ein knappes Gut, das möglichst dem Nutzen aller dienen soll. Wir
werden das beschlossene „Mobilitätskonzept | Ruhender Verkehr 2035“ konsequent umsetzen und fortschreiben. Dafür werden wir die Position „Parkraummanager*in“ schaffen, um bestehenden Parkraum (etwa Supermarktparkplätze) effektiver zu nutzen sowie andere Maßnahmen des Parkraumkonzepts zügig umzusetzen und die Kommunikation mit Anwohner*innen und Gewerbetreibenden zu verbessern. Parkhäuser sollen ganztägig geöffnet sein.

Wir nutzen die Chance der Elektrifizierung des motorisierten Individualverkehrs. Wir wollen
Laden und Parken stärker zusammenfassen und insbesondere zentrale Abstellanlagen mit intelligenter Ladeinfrastruktur schaffen und so Parkplätze im Straßenraum reduzieren. Wir
wollen ein Pilotprojekt zum intelligenten Laden, Produktion erneuerbarer Energien und
Stromspeicherung auf den Weg bringen.

Parkplätze sollen priorisiert den Menschen zur Verfügung stehen, die nur schwer auf ein Auto verzichten können, wie Handwerker*innen, Dienstleistungsunternehmen, Pflegedienste und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Dafür wollen wir den knappen Parkraum durch Bewohner*innenparkzonen sowie Quartiersparkzonen gezielter bewirtschaften, d.h. Lieferzonen und Kurzzeitparkplätze ausweisen. Die Bewohner*innenparkzonen werden wir ausweiten. Wir werden prüfen, inwieweit wir Parkhäuser in diese Konzepte einbeziehen können. Wir setzen uns auf Landesebene dafür ein, dass Kommunen die Kosten für Bewohner*innenparken vollständig selbst festlegen können.

Mit Quartiersparkhäusern wollen wir für den privaten Pkw-Verkehr besser geeignete Abstellmöglichkeiten als im öffentlichen Raum schaffen. Für jeden neuen Stellplatz in einem Quartiersparkhaus wird nach Möglichkeit ein Stellplatz aus dem öffentlichen Raum im Quartier
entnommen.

Die Überwachung des ruhenden Verkehrs wollen wir verstärken und den Fokus auf die Ahndung und Umsetzung von parkenden Autos auf Rad-, Geh- und Rettungswegen legen. Umsetzungen als einziges effektives Mittel der Gefahrenabwehr sollen verstärkt und konsequent eingesetzt werden.

Die Mitarbeitenden der Parkraumüberwachung sollen verstärkt für diese Aufgaben eingesetzt werden. Für die Überwachung der Einhaltung der Parkdauer sollen technische Lösungen genutzt werden.

Verkehrspolitik im Dialog

Der Umweltverbund führt – wie zahlreiche Beispiele im In- und Ausland zeigen – zu moderner Urbanität und mehr Lebensqualität. Diesen Weg wollen wir gemeinsam mit den Kieler
Bürger*innen gehen. Wir legen großen Wert auf die Beteiligung durch die Bürger*innen, die
Wirtschaft, die Gewerkschaften, den Handel und den Verbänden. Der Umweltverbund soll ein Anliegen aller Kieler*innen werden. Darum werden wir alle großen Projekte weiterhin in den Gremien Mobilitätsforum, Fahrradforum und dem Beirat für Mobilitätswende mit den Verbänden beraten. Der beispielhafte und erfolgreiche Entscheidungsprozess zur Stadtbahn ist uns Vorbild für eine offene, transparente und dialogorientierte Verkehrspolitik. Diesen Weg wollen wir auch in der kommenden Wahlperiode fortsetzen.

Damit die Mobilitätswende gelingt, braucht es einen regelmäßigen und offenen Austausch mit Bürger*innen und Expert*innen. Wir wollen den Beirat für Mobilitätswende zum Beirat im Sinne der Gemeindeordnung aufwerten, um der gesellschaftlichen Bedeutung des Themas Rechnung zu tragen. Die Vorsitzenden des Fahrradforums, des Mobilitätsforums sowie des Beirats für Mobilitätswende sollen eine gemeinsame Geschäftsführung erhalten.

Wir werden die Aufgabengebiete der ständigen Ausschüsse so anpassen, dass die wichtigen
Mobilitätsthemen federführend im Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität beraten
werden. Dazu gehören die Aufgabengebiete ÖPNV und Parkraumbewirtschaftung sowie der Eigenbetrieb Parken (Werkausschuss). Wir werden dafür die Hauptsatzung entsprechend anpassen.

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