Kooperationsvertrag: Kultur und kreative Stadt

Die kulturellen Einrichtungen und Angebote in unserer Stadt zeichnen sich durch ihre künstlerische Qualität und Vielfalt aus. Sie sind ortsnah, identitätsstiftend, zugleich weltoffen und international. Sie geben den Menschen ein Gefühl von Heimat, fördern den sozialen Zusammenhalt, stärken die Demokratie und entfalten eine identitätsstiftende Wirkung. Hierfür werden wir die Zusammenarbeit durch Kooperationsprojekte unter den Kulturinitiativen stärken und Formate entwickeln, um Kiel als besonderen Kulturstandort stärker sichtbar werden zu lassen. Wir streben an, die Reichweite von Kunst und Kultur zu erhöhen und alle Teile der Bevölkerung einzubinden.

Wir werden diese vielfältigen Einrichtungen deshalb weiter nach Kräften fördern, genauso wie wir die Einrichtungen der Stadt, wie Oper, Theater, Ballett, Orchester, Kinder- und Jugendtheater, Konzerthalle, Stadtmuseum, Stadtgalerie, Volkshochschule, Musikschule, Stadtbücherei und Kulturforum weiter stärken und modernisieren werden.

Maßstab ist dabei, dass der Anteil der Kulturausgaben am Haushalt der Stadt mindestens gehalten wird („Kulturquote“). Wir streben an, mindestens den bundesweiten Durchschnitt des Anteils der Kulturausgaben am Gesamthaushalt zu erreichen.

Institutionelle und Projektförderungen werden wir bedarfsgerecht erhöhen und einen Ausgleich für die Kostensteigerungen durch Inflation vornehmen.

Internationale Positionierung

Wir unterstützen die beschlossene Entwicklung eines Nutzungskonzepts für das Kieler Schloss als Ostseekulturzentrum. Hierzu gehört für uns auch die museale Darstellung der Geschichte Kiels. Das Schlossareal ist ein besonderer, authentischer Ort; hier spiegeln sich die Geschichte und die Kultur Kiels und auch Schleswig-Holsteins wider. Das Kieler Schloss bietet sehr gute Chancen, zu einem kulturellen Magneten ausgebaut zu werden. Für die museale Nutzung sollen der Rantzaubau und/oder die Landeshalle vorgesehen werden.

Auf Initiative der Kieler Kulturpolitik wurde ein Programm für Ostseekulturstädte für Kultur und soziale Resilienz geschaffen (Cultural Pearls). Kiel soll sich als eine der ersten vier Städte für diese Programm bewerben und damit seine Position im Ostseekulturbereich mit besonderem Fokus auf die Partnerstädte weiter ausbauen.

Aufgrund der inzwischen bundesweit beachteten Kieler Politik zum Ausbau der Kulturlandschaft und der (Mit-)Wirkungsmöglichkeiten für Kreative in der Stadt dürfen wir uns Chancen bei einer Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt ausrechnen. Hierfür sollen in der kommenden Wahlperiode die Grundlagen erarbeitet werden.

Wir werden in dieser Wahlperiode darauf hinwirken, dass Kiel und seine Kulturinitiativen und
-einrichtungen sich stärker an internationalen Kulturprojekten beteiligen und Fördermittel aus
EU- und Bundesprogrammen hierfür einwerben.

Kreative und innovative Stadt

Wir werden den Kurs der strategischen Entwicklung einer kreativen und innovativen Stadt
fortsetzen. Entsprechend dem diesbezüglichen Ratsbeschluss vom Mai 2023 werden wir die Erarbeitung eines Umsetzungskonzepts für die Empfehlungen des Kiel Kreativ Index und für
tragfähige Strukturen der Kreativzentren konstruktiv begleiten. Die Kreativzentren sollen wie
beschlossen, nach Anpassung der Richtlinie, weiter gefördert und ihre bauliche Entwicklung soll in dieser Wahlperiode abgeschlossen werden. Insbesondere auf dem Ostufer werden wir den Aufbau und die Weiterentwicklung von Kreativzentren fördern. Initiativen wie z.B. der Kreativstammtisch und die Stadtmacher*innen werden weiter unterstützt.

Theater AöR

Mit der Fertigstellung des Konzertsaales wird das Theater Kiel zu einem Sechs-Sparten-Theater. Wir werden an dem Kurs festhalten, die Theater AöR mit ausreichend Mitteln auszustatten und die Gebäude modernen Anforderungen anzupassen. Nach der Fertigstellung des Werkstattzentrums soll im Opernhaus eine Probebühne eingerichtet werden. Solange diese errichtet wird, bedarf es einer übergangsweisen Probebühne im neuen Werkstattzentrum.

Das erfolgreiche Angebot von Sommeroper und Sommertheater soll genauso wie die Live-Übertragung der Premiere in verschiedene Stadtteile und Orte im Umland fortgesetzt werden. Die finanzielle Förderung muss mindestens für Gaarden und Mettenhof erhalten werden.

Zudem werden wir das Projekt „Flächenbrand“ der Theater AöR wieder aufleben lassen und
Möglichkeiten einer engeren Kooperation mit Theatergruppen erörtern.

Kunst im öffentlichen Raum und künstlerische Stadtentwicklung

Wir werden die Umsetzung der Ratsbeschlüsse zur personellen Verstärkung des Kulturamts für Kunst im öffentlichen Raum und die Schaffung eines Büros für Kunst im öffentlichen Raum in freier Trägerschaft konstruktiv begleiten. Ziel ist es, die Qualität der künstlerischen Beiträge für die Entwicklung der Stadt weiter zu steigern und die Gelder des hierfür eingesetzten Fonds fortlaufend vollständig zu verwenden.

Mit den Geldern sollen zukünftig auch Künstler*innen-Honorare und größere Projekte für
künstlerische Stadtgestaltung und temporäre Kunst im öffentlichen Raum finanziert werden.
Hierzu gehören für uns auch Street/Urban Art und die Verstetigung des Street-Art-Preises sowie ein Street-Art-Festival. Die Tätigkeit des Kunstbeirates werden wir evaluieren. Wir werden dem Beispiel anderer Städte folgen und die Verwaltung mit der Erarbeitung einer Honorarordnung für Künstler*innen und Kulturschaffende beauftragen.

Zum Verständnis von Kunst im öffentlichen Raum gehört für uns auch die Stärkung künstlerischer Ansätze in der Stadtplanung („Cultural Planning – Phase 0“). Hier werden wir für dauerhafte Strukturen sorgen, um die Kompetenz in der Verwaltung und in der Künstler*innenschaft zu stärken und konkrete Projekte vorrangig in den Kulturarealen möglich zu machen.

Raum für Kultur

Die Kulturareale haben sich als demokratisches Format für die Zusammenarbeit von Kultureinrichtungen in den Stadtteilen bewährt und verstärken die Rolle der Kultur bei der Entwicklung von Quartieren und Nachbarschaften durch die Zusammenarbeit mit Schulen, Stadtteilbüchereien, Kirchengemeinden, Religionsgemeinschaften, Volkshochschulen, Musikschulen etc. Wir werden in der Wahlperiode für ihre weitere Verankerung sorgen und Mittel für die inhaltliche Zusammenarbeit der beteiligten Kulturinitiativen bereitstellen. Wir entwickeln das
Kulturareal Elmschenhagen mit allen Beteiligten weiter.

Räume für Künstler*innen und Musiker*innen bereitstellen und freie Theaterszene fördern –
so stärken wir Kiel als Ort der bildenden Kunst.

Wir werden die freie Theaterlandschaft gezielt weiter fördern.

Die neu eingeführte Förderung von Ateliers, Übungsräumen und Proberäumen werden wir ausbauen. Sollte der Langseehof verkauft werden, werden wir den Verkaufserlös für die Schaffung und Förderung von Atelierräumen an anderer Stelle einsetzen. Perspektivisch setzen wir uns für die Schaffung eines Zentrums für Rock- und Popmusik im Kontext anderer kreativer Nutzungen ein.

Für die kostengünstige Unterbringung von auswärtigen Künstler*innen und Musiker*innen auf Gastspielreisen oder in „Artist in Residence“-Programmen werden wir nach Möglichkeiten suchen und die kostengünstige Überlassung einer Immobilie an einen gemeinnützigen oder genossenschaftlichen Träger zur preisgünstigen Vermietung prüfen.

Eine besondere Bedeutung für den Beitrag der Kultur zur Stadtentwicklung kommt aus unserer Sicht der künstlerisch-kulturellen Zwischennutzung von Leerständen zu. Wir wollen Zwischennutzungen von leerstehenden Räumen ermöglichen und ggf. finanziell unterstützen.
Die Stadtgalerie soll zukünftig eine stärkere Rolle in der Koordination der Zusammenarbeit der Einrichtungen der bildenden Kunst spielen.

Kulturelle Einrichtungen sollen in die Lage versetzt werden, Ausstellungsvergütungen zu zahlen. Die Förderung von Soloselbstständigen werden wir ausbauen.

Eine Kooperation mit der Kunstbiennale in Göteborg werden wir prüfen.

Innovative Kulturproduktionen, Musik-, Club- und Festivalkultur

Wir werden die Kulturförderung weiter für innovative und digitale künstlerische Produktionen
und Formate öffnen. Digitale- und Medienkunst sowie immersive Medien sind für uns fester
Bestandteil der Kultur und bereichern die Kultureinrichtungen. Diese werden hierfür von der
Stadt unterstützt. Die Fördermöglichkeiten von Land, Bund und EU sollen dabei ausgeschöpft werden.

Um Freiräume für Kreativität und Vielfalt zu vergrößern, unterstützen wir Festivalformate wie
Futur 3, Kulturwochen, CINEMARE, Filmfest SH, Frequenz Festival, Kulturrotation143, Mettenhofer Kulturtage genauso wie kleine Galerien und das Kulturschiff Freedom. Großflächen wie der Landeplatz oder das MFG 5-Gelände sollen temporär für Festivals oder Konzerte geöffnet werden.

Für die Stärkung der Clubkultur unterstützen wir die Gründung eines Tisches durch die Clubs, der sich mit Themen wie sexuellen Übergriffen in Clubs, Rassismus und weiteren Diskriminierungsformen und auch den Folgen der Coronapandemie auseinandersetzt.

Für die Entwicklung und Umsetzung von Awareness-Konzepten und die Sensibilisierung von
Kulturveranstalter*innen bzw. deren Mitarbeiter*innen sollen Gelder zur Verfügung gestellt
werden.

Die Festung Friedrichsort soll gemeinsam mit den derzeitigen Eigentümer*innen und dem Verein der Freunde der Festung Friedrichsort e.V. behutsam als Ort für Musik, Kunsthandwerk und Festivalkultur entwickelt werden. Eine vollständige Übernahme durch die Stadt lehnen wir ab.

Interkulturelle Kulturarbeit

Die Kulturangebote in Kiel sollen sich zukünftig stärker interkulturell gestalten, weshalb gezielt spartenübergreifende Angebote zu Kulturen, die in Kiel stärker vertreten sind, gefördert
werden sollen, wie zuletzt bei den Kulturwochen Iran, Syrien, Afghanistan. Hierzu wird die
Verwaltung gebeten, zusammen mit dem Referat für Migration und freien Trägern einen Vorschlag zu unterbreiten.

Mehr „dritte Orte“

„Dritte Orte“ dienen neben dem ersten Ort, den Familien, und dem zweiten Ort, dem Arbeitsleben, als Ausgleich und sind ein Treffpunkt für die nachbarschaftliche Gemeinschaft.

Die kulturellen Einrichtungen im neuen Rathaus sollen unter Einbeziehung des Innenhofs zu einem Kulturzentrum zusammengefasst und als „dritter Ort“ ohne Konsumzwang entwickelt werden. Dazu werden wir die Entwicklung eines Konzepts in Auftrag geben, das auch die Schaffung einer zentralen Probebühne für freie Theater und nicht-kommerzielle Video-/Filmproduktionen entsprechend des Beispiels der „black box“ in Tallinn beinhaltet. Auf Basis des inhaltlichen Konzepts soll eine architektonische Planung für zeitgemäßes ästhetisches Design, Orientierung an den Bedürfnissen der Benutzer*innen und einer Stärkung der Aufenthaltsqualität sowie die Einwerbung von Fördermitteln beauftragt werden. Vorbild sind Zentren wie das Dokk1 in Aarhus.

Wichtige wohnortnahe Begegnungsorte sind die Stadtteilbüchereien. Wir werden sie unter
Beteiligung der ehrenamtlichen Büchereivereine und weiterer Initiativen und Organisationen
schrittweise zu einer „Bibliothek der Zukunft“ weiterentwickeln. Neben der Ausleihe von Medien sollen sie Orte der Begegnung, des kulturellen Engagements, des Austausches, des Lernens und der Fortbildung sein. Sie sollen schrittweise weiterentwickelt und Lernorte mit Wohlfühlcharakter werden – mit moderner digitaler Ausstattung zum Erproben und Experimentieren. Bauliche Änderungen, Ergänzungen oder Umzüge werden finanziell ermöglicht.

Wir unterstützen ebenfalls die Entwicklung der Volkshochschule zu einem „dritten Ort“ und
werden uns dafür einsetzen, dass Quartiershäuser stets auch für Kulturinitiativen offen sind und den Charakter eines „dritten Orts“ erhalten.

Erinnerungskultur und Museumslandschaft

Sobald uns das Konzept für die Neugestaltung der Museumslandschaft in Kiel vorliegt, werden wir Umsetzungsschritte einleiten. Eine ständige Ausstellung zur Kieler Stadtgeschichte wird im Rahmen des „Museums-Dreiecks“ aus Warleberger Hof, Schifffahrtsmuseum und Kieler Schloss realisiert. Das Format „Museen am Meer“ soll wiederbelebt und allen interessierten Einrichtungen zugänglich gemacht werden.

Die Weiterentwicklung der Erinnerungskultur in Kiel sowohl in Bezug auf die NS-Zeit, den
Kolonialismus und die Erinnerungskultur der Herkunftsländer ist uns ein Anliegen. Das historische Zentrum werden wir in seiner Arbeit unterstützen und dafür sorgen, dass Kooperationen mit den verschiedenen Erinnerungsorten zu Nationalsozialismus, Holocaust und Revolutionszeit Wirklichkeit werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf das Stadtarchiv, das Marine-Untersuchungsgefängnis und das Arbeitserziehungslager Nordmark. Die historische
Auseinandersetzung mit dem Wilhelmplatz wollen wir vertiefen.

Um den Stadtraum Kiel zum Erinnerungsort werden zu lassen, soll das Format der Audiowalks ausgeweitet werden. Zudem soll insbesondere die Geschichte des Soldaten- und Matrosenaufstands im städtischen Raum sichtbar und erlebbar gemacht werden.

Thema der Erinnerungskultur soll darüber hinaus zukünftig die Aufarbeitung des Kolonialismus sein. Hier werden wir uns für entsprechende Projekte stark machen.

Kulturelle Bildung in Kitas und Schulen

Zum Bildungsauftrag gehört, wie Deutsch und Mathematik, auch die kulturelle Bildung im
Aufwachsen eines jeden Kindes. Sie ist identitätsstiftend, fördert die Kreativität und im Besonderen auch die soziale Kompetenz. Das Konzept Theater und Schule wollen wir ausbauen.

Angebote der kulturellen Bildung im Kita- und Schulalltag – unabhängig vom Engagement des Elternhauses – wollen wir durch Kooperationen von Kulturinitiativen und -einrichtungen mit Kitas und Schulen stärken. Um die Angebote zu bündeln und Kooperationen anzuschieben, Lehrkräfte und Kulturinitiativen zu beraten und ein stadtweites Netzwerk aufzubauen, soll eine Koordinierungsstelle im Amt für Kultur- und Weiterbildung eingerichtet werden. Wir werden prüfen, ob wir dieses Angebot auf weitere außerschulische Lernorte übertragen können.

Wir setzen uns für Kulturtickets für Azubis, Schüler*innen, Menschen im Freiwilligendienst und Studierende ein.

Transparenz in der Vergabe von Fördermitteln

Transparenz über die zur Verfügung stehenden Mittel und die Vergabe öffentlicher Gelder im
Kulturbereich ist integraler Bestandteil einer gelungenen Kulturförderung. Zukünftig sollen auf der Internetseite der Stadt alle Fördermöglichkeiten, Fördernehmer*innen und Fördersummen gut sichtbar dargestellt werden.

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