Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD-Ratsfraktion Dr. Hans-Friedrich Traulsen zum Haushaltsentwurf 2018


Dr. Hans-Friedrich TraulsenAnrede, unter der Überschrift „Im Rathaus lebt die Demokratie“ berichtete die Süddeutsche Zeitung am 22. November über ein aktuelles Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das wegweisende Aussagen zu den kommunalen Finanzen trifft. Ich zitiere aus der Süddeutschen: „Die Finanzkraft einzelner Gemeinden hat auf die Bestimmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft grundsätzlich keinen Einfluss“, schreibt der 2. Senat.

Vielmehr müsse der Staat ihnen „gegebenenfalls die Mittel zur Verfügung stellen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen“. Das ist die „Substanz der praktizierten Demokratie“, von der Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung sprach.“ (Ende des Zitats).

Anrede, das sind höchst bedenkenswerte Sätze, die sich besonders Kommunalaufsichtsbeamte im Innenministerium zu Herzen nehmen sollten, bevor sie erneut törichte und schädliche Investitionsbremsen aussprechen, die diese Stadt zu strangulieren drohen. Das höchste Gericht hat deutlich gemacht, dass die kommunalen Aufgaben – von der Straßenreinhaltung über Abwasserkanalsanierung bis zum Schulbau und öffentlichen Toiletten – von denen zu entscheiden sind, die dafür von den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort gewählt worden sind – wir, die Ratsversammlung! Die Finanzausstattung einer Stadt wie Kiel muss so gestaltet werden, dass alle notwendigen Aufgaben erfüllt werden können – und dazu gehört nach demokratischer Entscheidung auch alles, was leichtfertigerweise als „freiwillig“ bezeichnet wird. Und die Substanz der Demokratie liegt nicht im Haushaltsentwurf der Verwaltung, so wichtig und dankenswert diese Grundlage der Entscheidung auch ist, die Substanz der praktizierten Demokratie liegt in unserer, der Ratsversammlung Entscheidung und in unserem zentralen

Recht, daran Änderungen vorzunehmen. Bloßes Abnicken von Verwaltungsvorlagen, meine Damen und Herren, das wäre keine kommunale Demokratie! Darum lassen Sie uns hier und heute selbstbewusst die Auseinandersetzung führen über den richtigen Weg für unsere Stadt im nächsten und in den Folgejahren. Und damit zuerst zu den Oppositionsanträgen, bzw. zu den Anträgen derjenigen Parteien, die diesen Haushalt insgesamt ablehnen werden. Die CDU ist diesmal phantasievoller als sonst. Ihre Anträge zu Übungsleitern, Bolzplätzen und zum leider im letzten Jahr ausgefallenen Knax-Kinderfahrradrennen in der Kieler Woche tragen wir mit. Und ich will nicht verhehlen: auch die SPD-Ratsfraktion ist nicht vollauf zufrieden mit der Planungs- und Realisierungssituation im Schulbau – schließlich waren wir es, die schon 2012  ein detailliertes Schulbauprogramm auf-gelegt haben, das Ordnung und Verlässlichkeit in die Kieler Schullandschaft bringen sollte und großenteils auch gebracht hat. Es ist allerdings mehr als schade, wenn dabei manches nicht so klappt wie gedacht. Da muss Kiel besser werden. Aber der Antrag der CDU, alle dafür benötigten Mittel in einen großen Topf zu werfen ist der falsche Weg. So wird Chaos nicht beseitigt, sondern erst erzeugt, meine Damen und Herren! Die SPD-Ratsfraktion setzt darauf, dass die neue Stadtbaurätin Doris Grondke hier zu den richtigen Lösungen kommt. Und natürlich machen wir die selbstgebastelte Investitionsbremse der CDU nicht mit, Herr Kruber. Was sie damit wollen, ist klar: Alles schlechtreden trotz guter Zahlen. Die FDP zeigt wieder ihr wahres besserverdienendes Gesicht, wenn sie die Mittel für städtischen Wohnungsbau streichen will. Ihr erneuter Kampf gegen den Bücherbus der dänischen Minderheit lässt Schlimmes befürchten – scheint da etwa schon das Kieler Modell einer rechtsliberalen, nationalistisch geprägten Lindner-Partei auf? Schließlich die Linke wieder mit komplett unrealistischen und unfinanzierbaren Anträgen nach dem Motto „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“ – das ist keine seriöse Kommunalpolitik, meine Damen und Herren, das ist eine Art Wünsch-Dir-Was, das den Menschen Unmögliches als Realität vorspiegelt.

Anrede, nicht nur vor diesem Hintergrund begrüßt die SPD-Ratsfraktion den von Oberbürgermeister  Kämpfer vorgelegten Haushaltsentwurf. Wir danken dabei besonders dem Kämmerer Wolfgang Röttgers und seinem Team für ihre engagierte Arbeit. Inhaltlich führt dieser Entwurf die erfolg-reiche Rathauspolitik der letzten Jahre fort. Deshalb ist es nur konsequent, dass nicht nur SPD und SSW, sondern auch die Grünen ihm zur Mehrheit verhelfen wollen. Ich möchte mich ausdrücklich beim grünen Finanzteam für die konstruktiven Verhandlungen bedanken und bei der grünen Fraktion dafür, dass sie den guten Ergebnissen zustimmt. Ich bin froh darüber, dass hier nach vielen Jahren erfolgreicher Rathauskooperation jenseits der aktuellen Konflikte immer noch ein hohes Maß an inhaltlicher Übereinstimmung vorhanden ist. Lassen Sie mich die Grundzüge des gemeinsamen Haushaltspakets skizzieren, die Einzelheiten obliegen der Fachdiskussion: Wir haben gemeinsam das Zentralbad an der Hörn und die Sanierung des Eiderbades Hammer vorangetrieben. Jetzt wollen wir mit einem mittelfristigen Gesamtpaket Bäder in Höhe von 7,5 Mio Euro die Zukunft von Schilksee und Katzheide sichern. Dafür scheint es in dieser Ratsversammlung eine breite Mehrheit zu geben und das ist angesichts der Bedeutung des Schwimmenlernens für Kinder und des Schwimmsports für viele Kielerinnen und Kieler auch gut so. Für die SPD-Ratsfraktion ist und bleibt das Thema Wohnungsbau von zentraler Bedeutung. Hier wollen wir als soziale Unterstützung einen Fonds für Maßnahmen zum Quartiersmanagement einrichten. Solche Modelle werden in der Wahlestraße in Ellerbek oder auch in Suchsdorf bereits erfolgreich praktiziert. Als weitere Teile eines Sozialpakets verstärken wir die Straßensozialarbeit im Bereich der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe (50.000 Euro) und erhöhen den Ansatz für das von uns aufgelegte Förderprogramm „Zusammenhalt stärken – Teilhabe sichern“  (10.000 Euro und ab 2019 auf 120.000 Euro) Wir gewähren dem Verein Haki ab 2018 eine institutionelle Förderung für seine verdienstvolle Arbeit (5.000 Euro) und fördern die sexualpädagogische Arbeit an Kieler Schulen von pro familia (10.200 Euro, Zuwendungsvertrag 15.480 Euro). Auch der Christliche Verein zur Förderung sozialer Initiativen erhält zusätzliche Mittel (600 Euro Projektförderung, ab 2019 werden die Personalkostensteigerungen mit 2,5% berücksichtigt). Für den barrierefreien Umbau von Haltestellen bewilligen wir ab dem kommenden Jahr 200.000 Euro zusätzlich. Und vor dem Hintergrund der großartigen sportlichen Leistung unserer KSV Holstein freut es mich besonders, dass auch das Fanprojekt der AWO gemeinsam mit Land und DFB gestärkt werden kann (10.000 Euro). Von hier aus ein herzlicher Glückwunsch an den Herbstmeister Holstein Kiel!

Anrede, vor zwei Jahren hat die damalige Rathauskooperation gegen heftigen Widerstand der CDU ein wirkungsvolles Programm zur Stärkung unserer Kultureinrichtungen durchgesetzt. Diesen er-folgreichen Ansatz verstetigen wir anlässlich der neu zu schließenden Zuwendungsverträge: Die institutionelle Förderung wird im kommenden Jahr um jeweils 7% erhöht und ab 2019 gibt es eine jährliche Steigerung von 2,5% auf 70 % der Fördersumme (Maximum: 10.000 Euro). Zum Kulturpaket gehört daneben die neue institutionelle Förderung für das Sinfonieorchester des Ernst-Barlach-Gymnasiums, für das Figurentheater Marc Schnittger und den inklusiven Chor der Rock & Pop Schule. Die Künstlerinitiative K34 in Gaarden erhält höhere Unterstützung (10.400 Euro) und für kulturelle Projektförderung, diesen wichtigen Ausdruck zivilgesellschaftlichen Engagements, gibt es 30.000 Euro mehr. Wir stärken die Arbeit des Vereins Mahnmal Kilian im Rahmen der nicht nur für Kiel eminent wichtigen Erinnerungskultur (jeweils 25.000 Euro in den nächsten drei Jahren). Die SPD vertritt das kulturpolitische Konzept einer Kultur für alle, wie es etwa mit der Übertragung der Sommeroper in die unterschiedlichsten Stadtteile beispielhaft verwirklicht wird. Ganz wesentlicher Bestandteil der Kultur für alle sind die Stadtteilbüchereien. Deswegen haben wir sie seit 2008 Schritt für Schritt von den schädlichen Kürzungen der Volquartz-Ära befreit und wollen ihre Arbeit mit 2 neuen Stellen dort verstärken, wo dies erforderlich ist. Damit bin ich beim Stellenhaushalt angelangt. Die SPD-Ratsfraktion begrüßt ausdrücklich den schon für den Haushalt dieses Jahres von Oberbürgermeister und Kämmerer vorgenommenen Kurswechsel weg von der einseitigen Abbauideologie beim Personal hin zur Schaffung der für das Zusammenleben dieser Stadt notwendigen Stellen. Wir unterstützen dies mit einem Antrag, der die schädlichen Folgen des sogenannten Kienbaum-Gutachtens korrigieren soll, denn durch den Personalabbau in der Vergangenheit – maßgeblich den Kienbaum-Prozess im Jahr 2007 – arbeiten einige Fachbereiche schon länger an der Belastungsgrenze. Das Wegfallen von Stellen darf kein Automatismus sein! Und dort, wo

die kommunale Aufgabe fortgeführt werden soll und muss, müssen die kw-Vermerke fallen. Wir wollen eine handlungsfähige Verwaltung für diese Stadt – keinen mit Parolen wie „privat vor Staat“ verbrämten Weg in die faktische Handlungsunfähigkeit! Deswegen ist es auch richtig, die städtische Aufsicht über private Reinigungsleistungen mit vier Stellen personell zu verstärken. Wir sehen mit unseren Anträgen außerdem Bedarf für neue Stellen im Grünflächenamt und im Tiefbauamt, wo wir insgesamt acht Stellen bei der Pflege von Sportanlagen, beim Grünschnitt zum Freihalten von Geh- und Radwegen oder bei der Reinigung von Verkehrsschildern schaffen wollen. Das dient der Sicherheit und Sauberkeit dieser Stadt und damit allen Kielerinnen und Kielern ebenso wie die vorgesehene Verstärkung der Kontrolle des ruhenden Verkehrs und von Ordnungsverstößen besonders in den Stadtteilen. Schließlich beauftragen wir die Verwaltung, ein Konzept für eine Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit zu entwickeln und stellen dafür Geld im Haushalt bereit. In der Wirtschaftspolitik sehen wir das Potential der Kultur- und Kreativwirtschaft als Zukunftsbranche und fördern daher Kooperationsprojekte von mindestens drei Zentren oder Initiativen mit zusätzlichen 50.000 Euro. Daneben hat uns das vom Präsidenten der Muthesius-Kunsthochschule, Doktor Zerbst, vorgetragene Konzept für den Erhalt und die Nutzung der Häuser 1 und 15 im Anscharpark als kultur– und kreativwirtschaftliches Zentrum überzeugt, und deshalb fordern wir in einem Haushaltsbegleitantrag den Oberbürgermeister auf, nach Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung zu suchen und sich bei der Einwerbung von Fördermitteln aktiv einzubringen. Schließlich stellen wir  für den erfolgreichen und wichtigen wirtschaftlichen Austausch mit Städten in Skandinavien weitere 25.000 Euro bereit.

Anrede, in diesen Tagen diskutieren wir die Folgen der Stickoxidbelastung insbesondere durch Diesel-fahrzeuge. Ich teile die Auffassung des Oberbürgermeisters, dass Fahrverbote für Kiel unangemessen sind. Eins ist doch klar: Die Menschen müssen zur Arbeit und die im Hafen umgeschlagenen Waren an ihr Ziel kommen. Dafür bedarf es neuer Formen der Mobilität und für die SPD ist damit auch ein modernes Nahverkehrssystem wie die Stadtbahn wieder auf der Tagesordnung! Und deshalb auch haben wir aktuell beantragt, den Etat für Sanierungen, Instandhaltungen, Instandsetzungen und Neubau im Fuß- und Radverkehr um jährlich 300.000 Euro sowie den im letzten Jahr geschaffenen Elektromobilitätsfonds um weitere 250.000 Euro aufzustocken. Dabei geht es um eine große Zukunftsfrage!

Anrede, dieser Haushalt ist der letzte, der in dieser Wahlperiode verabschiedet wird. Seine finanzpolitischen Rahmendaten berechtigen zur Hoffnung: Das Defizit sinkt um 9 Mio Euro auf rund 8 Mio Euro, ab 2020 ist ein Überschuss geplant. Das ist eine überaus positive Entwicklung, die alle früheren Unkenrufe von CDU und FDP widerlegt. Was war es Ihnen für eine Freude zu menetekeln, 2016 sei das Eigenkapital der Stadt verzehrt und Kiel pleite und das alles von der SPD verursacht! Was für eine propagandistische Fehlleistung! Statt dessen 148,1 Mio Kieler Eigenkapital, das Gegenteil von Pleite! Woran liegt dieser Erfolg? Daran, was wir immer gesagt haben: Die Finanzausstattung der Kommunen muss verbessert und es muss kontinuierlich investiert werden, um die Wirtschafts-kraft zu steigern.

Was aber nicht hilft, ist Kaputtsparen, ist kleinkarierte Austeritätspolitik gegen sogenannte frei-willige Leistungen, gegen Stadtteilbüchereien, gegen Sportverbände und gegen Erbpächterinnen und -Pächter! Nein, die Erträge aus Steuern und Finanzausgleich steigen um 37 Mio Euro, das ist die Wurzel der Gesundung! Hinzu kommen flankierend eine solide Ausgabenpolitik und vor allem: Investitionen in die Zukunft unserer Stadt. An erster Stelle steht da der Schulbau trotz des Gekrittels der CDU. Seit 2009 sind unter unserer Verantwortung dafür 232 Mio Euro geflossen, 66 Mio Euro für Investitionen an allgemeinbildenden Schulen, 78 Mio Euro für Berufsbildungszentren samt einem Sanierungs- und Bauunterhaltungsaufwand von 88 Mio Euro! 2018 wird dies mit einem Nettoaufwand von 69,9 Mio Euro fortgesetzt. Das nenne ich Schwerpunktsetzung für Bildung und diese Summen halte ich auch den Nörglern am Bau des Holstenfleets entgegen. Wir erreichen bei der Kinderbetreuung inzwischen einen Nettoaufwand von 74,5 Mio Euro, und so gut, wie dies für Kieler Kinder und Eltern ist, es kann nicht angehen, dass die Stadt hier fi-nanziell weitgehend allein gelassen wird. Was die Investitionen in die Zukunft dieser Stadt angeht, so sind trotz der schädlichen Investitionsbremse des Innenministers die Erfolge überall sichtbar, leider nicht immer im geplanten Tempo: Im Wohnungsbau, auch im kommunalen, beim neuen Kraftwerk, beim Sport- und Frei-zeitbad, beim Neubau des ZOB, beim Umbau der Anschlussstelle der A 215, beim Seehafen und hoffentlich auch bald beim Holstein-Stadion und beim Konzertsaal im Schloss. Es wird auch wieder kräftig in Straßenbau (18,3 Mio Euro) und Stadtentwässerung (13,9 Mio Euro) investiert. Hier wird gehandelt, anders als bei den Neoliberalen, die erst mit ihrer Politik des schlanken Staats die erforderlichen Mittel streichen, um dann hinterher wortreich den Investitionsstau und die Infrastrukturschulden zu beklagen. So etwas nennt man Krokodilstränen.

Anrede, mit Kiel ist es in den letzten zehn Jahren deutlich vorangegangen. Die Stadt hat auf allen Feldern eine beachtliche Dynamik entfacht und entwickelt sich gut weiter. Beleg sind die vielen Menschen, die in Kiel leben wollen. Darauf sollten wir alle stolz sein und das alles nicht unverantwortlich kleinreden, wie es insbesondere Splitterparteien mit reinem Oppositionscharakter gern tun.

Wir Kieler Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen zusammen mit unserem Oberbürgermeister für diese Entwicklung, wir stehen für klare Verhältnisse in Kiel und für eine erfolgreiche Zukunft dieser Stadt.